Naturerlebnis am Neckarparadies in Benningen


Bei einem geführten Spaziergang am siebten Mai zum Benninger Neckarparadies konnten die Besucher eine ganze Reihe nicht alltäglicher Besonderheiten entdecken.

Im Rahmen der bundesweiten NaturErlebnisWoche stellte die Stiftung NatureLife-International bei einem Morgenspaziergang den neu geschaffenen Neckararm mit seinen Tieren und Pflanzen vor. Bei der Exkursion oberhalb der Schleuse Marbach zeigte der Naturexperte Conrad Fink von NatureLife der Besuchergruppe das Leben entlang des Weges und am Neckarparadies. Die Teilnehmer erfuhren auch Wissenswertes zum Projekt und zur Kultur und Natur am Schwäbischen Fluss.

Conrad Fink lieferte allgemeine Informationen zum Neckar, der auf der Baar bei Villingen-Schwenningen auf 705 m ü. NN entspringt. Er mündet bei Mannheim auf 88 m Meereshöhe in den Rhein und ist 367 km lang. Der Fluss ist heute eine bedeutende Wirtschaftsachse. Er dient der Schifffahrt, der Energieerzeugung, der Ableitung von Hoch- und Abwasser und kühlt Kraftwerke. Früher hatten Flößerei und die Kiesgewinnung eine wichtige Bedeutung. Auch zahlreiche Berufsfischer gab es am Neckar noch bis ins letzte Jahrhundert.

Der Name Neckar kommt aus dem Keltischen und bedeutet „Wildes Wasser“. Heute ist der Fluss nicht mehr wild, da er schon Mitte des letzten Jahrhunderts zur Schifffahrtsstraße ausgebaut wurde. Er ist zwischen Mannheim und Plochingen auf einer Länge von 203 Kilometern schiffbar. Dafür wurden 27 Staustufen gebaut, wodurch der Fluss eher zu einem Stillgewässer wurde. Die Fahrrinne wurde auf 2,80 Meter Tiefe ausgebaggert.

Der Fluss ist auch eine Achse für Natur und Kultur. Fink verwies in diesem Zusammenhang auf das Schiller Nationalmuseum und das Deutsches Literaturarchiv in Marbach sowie auf eine Reihe schwäbischer Dichter und Denker wie Schiller, Mörike, Hölderlin, Hegel.

Obwohl durch Schiffbarmachung, Besiedelung und Nutzungsintensivierung entlang des Neckars nur noch rund zwei Prozent der Bereiche naturnah sind, haben sich Reste von Auwäldern, Auewiesen und Hangwäldern bis heute erhalten. Fink hob auch den Wert der Kulturlandschaft hervor. So haben die zahlreichen Trockenmauerweinberge das Zeug für ein Weltkulturerbe. Auch die Streuobstwiesen mit ihrer Sortenvielfalt an Äpfeln, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und anderen Obstsorten sind ein Charakteristikum des Neckartales und sollen gepflegt und genutzt werden.

Politisches Ziel der Region Stuttgart ist es, den Neckar für die rund 2,7 Millionen Einwohner der Region wieder zugänglich, erlebbar und für die Erholung nutzbar zu machen. Ein Pilotprojekt bei welchem erstmalig ein naturnaher Seitenarm  am Neckar wieder neu geschaffen wurde, ist das "Neckarparadies" in Benningen. Es liegt bei Flusskilometer 158 und wurde zwischen Februar und Juli 1998 gebaut. Das neue Gewässer ist 400 Meter lang und wurde nach dem Bau sich selbst überlassen. Mittlerweile hat sich ein natürlicher Auwald von etwa einem Kilometer Länge angesiedelt. Es wurden rund 48.000 m² Erdaushub abgefahren. Das Wasservolumen beträgt  9.000 m². Flach-, Tiefwasserbereiche und Sumpfzonen mit Tiefen von 20 cm bis 2,80 m wechseln sich ab.  Das Projekt wurde aus Spenden finanziert. Initiatoren waren der Stiftungspräsident von NatureLife-International Claus-Peter Hutter und der Unternehmer Max Maier.

Der Naturfachmann Conrad Fink stellte den Besuchern die Arten des Auwaldes vor. u. a. die Silberweide und die Schwarzpappel. Entlang des Neckars konnten die Besucher den Graureiher und die Stockente beobachten. Über dem Fluss jagten Mehlschwalben und Mauersegler nach Insekten. Die Mauersegler kommen in der Regel Ende April, Anfang Mai aus ihren afrikanischen Überwinterungsgebieten zurück. Ihr typischer Ruf war gut zu hören. Ebenso das Rufen des Kuckucks, des Buchfinks, der Mönchsgrasmücke und des Zilpzalp.

Von der Besucherplattform aus konnte die Gruppe den bunt schillernden Eisvogel beobachten, der in einer künstlich angebrachten Steilwand brütet. Nachtreiher, Teichhuhn und Gänsesäger sind hier regelmäßig zu beobachten. Die Besucher beobachteten einen Graureiher beim Fischfang. Der Seitenarm, der Zugang zum Neckar hat, ist ein wichtiger Laichplatz für Fische. Hier wurden 25 Fischarten nachgewiesen, welche im technisch ausgebauten Neckar kaum Laichmöglichkeiten finden. Auf den umgebenden Wiesen gingen die Kinder der Gruppe mit einem Kescher auf Insektenjagd.  Spinnen, verschiedene Käferarten, Ameisen und Raupen konnten im Netz beobachtet und auf die Hand genommen werden. Auch die Blumen und Pflanzen vom Neckardamm und den Wiesen stellte Fink den Besuchern vor. Darunter waren u. a. die Weiße Lichtnelke, die Flockenblume, die Margerite, der Hahnenfuß, das Labkraut, der Kriechende Günsel, der Gundermann, der Pyrenäen-Storchschnabel sowie auch Gräser wie das Knaulgras oder der Glatthafer.

Als Andenken an den Ausflug schenkte Conrad Fink den Kindern die typischen flachen Neckarkiesel sowie Schalen von Körbchenmuscheln, welche ebenso wie die Teichmuscheln im Neckar leben. Die Besucher bedankten sich bei Conrad Fink für die interessante und abwechslungsreiche Führung.